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Geschichte
Schauen und sich wundern
Zur Wirkungsgeschichte der Alexander-Technik
Persönliche Erfahrungen
Alexander verstand seine Arbeit als eine Technik, ein praktisches
Mittel zur bewussten Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten.
Jede Technik wird zuerst und zuletzt an ihrer Wirkung gemessen.
Die spürbaren Wirkungen der Alexander-Technik in der Körper-
und Selbsterfahrung und im Leben derjenigen, die sie anwenden, sind
der unmittelbarste Grund dafür, dass sie wertgeschätzt
und fortgeführt wird. Die Wirkungsgeschichte der Alexander-Technik
ist eng verknüpft mit den zahllosen individuellen Erfahrungen,
die Lernende seit Alexanders Zeit bis heute gemacht haben. In den
Büchern Alexanders finden sich viele persönliche Zeugnisse
der beeindruckenden Wirkungen der Technik.
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Würdigungen
aus pädagogischer Sicht
Aber Alexander fand auch über seinen Schülerkreis hinaus
Anerkennung. Ärzte, Künstler und Wissenschaftler bezeugten
die verlässlichen erfahrungswissenschaftlichen Grundlagen und
die Wirksamkeit der Technik. Der amerikanische Philosoph und Erziehungstheoretiker
John Dewey (1859 – 1952) hob den Wert der Technik als ganzheitlicher
Methode hervor:
Einige Verfahren wenden sich direkt an das „Bewusstsein"
(das nur den schlechten Zustand registriert); einige vernachlässigen
dieses Bewusstsein ganz und verlassen sich stattdessen ausschließlich
auf Körperübungen, Haltungskorrekturen etc. Aber Alexander
hat eine Methode entdeckt, um die Wechselbeziehungen zwischen beiden
Teilen desselben Ganzen - körperlich-geistig - genau herauszuarbeiten
und ein neues sensorisches Bewusstsein für neuen Einstellungen
und Gewohnheiten zu schaffen.
John Dewey, Vorwort zu Constructive Conscious Control of the
Individual, F.M. Alexander, 1923
Der Schriftsteller Aldous Huxley, der sich intensiv mit westlichen
und östlichen Methoden der Gesundheitspflege und Lebensgestaltung
beschäftigte, schrieb:
Das System kann vollständig nur verstehen, wer es
praktiziert. Alles, was ich hier zu sagen habe, ist, dass ich aufgrund
meiner persönlichen Erfahrung und Beobachtung sicher bin, dass
[die Alexander-Technik] uns alles gibt, was wir in einem System
der Körperschulung je gesucht haben – Befreiung von durch
Fehlanpassung bedingten Belastungen und entsprechende Steigerung
der körperlichen und geistigen Gesundheit; erhöhtes Bewusstsein
der körperlichen Mittel zur Verwirklichung der willensmäßig
gesetzten Ziele bei gleichzeitiger Bewusstseinserweiterung auf allen
Ebenen; eine Technik der Inhibition, die im körperlichen Bereich
vorbeugend wirkt und uns davor bewahrt, unter dem Einfluss gieriger
Zielfixiertheit in die alten Gewohnheiten der Fehlkoordination zurückzufallen,
und die – gewissermaßen analog zu den organischen Vorgängen
– auch unerwünschte Impulse auf der emotionalen und Kopflosigkeit
auf der intellektuellen Ebene verhindert. Mehr können wir von
einem System der Körperschulung nicht erwarten; wenn uns ernsthaft
an der Veränderung der Menschen gelegen ist, aber auch nicht
weniger.
Aldous Huxley, Ends and Means, 1937
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Unterstützung
von wissenschaftlicher Seite
Alexanders Entdeckungen und Methoden stießen auch bei Physiologen
und Verhaltensforschern auf Interesse. Der Biologe G.E. Coghill
konnte aufgrund seiner Studien über die Koordination bei niederen
Wirbeltieren die von Alexander betonte Bedeutung der Hals-Kopf-Rücken-Beziehung
für die Körperkoordination („Primärkontrolle")
bestätigen:
Es ist meine Meinung, dass der gewohnte Gebrauch unangemessener
Reflexmechanismen beim Sitzen, Stehen und Laufen das Nervensystem
in einen Konflikt bringt, und dass dieser Konflikt die Ursache von
Ermüdung und nervöser Überlastung ist, die zu vielen
Schäden führen. Herr Alexander löst diesen Konflikt
zwischen dem erblichen und angeborenen Gesamtmuster und den individuell
entwickelten Reflexmechanismen und bewahrt so die Energien des Nervensystems.
Dadurch korrigiert er nicht nur Haltungsprobleme, sondern auch viele
andere pathologische Zustände, die gewöhnlich nicht als
haltungsbedingt angesehen werden.
G.E. Coghill im Vorwort zu: F.M. Alexander, The Universal Constant
in Living, 1940
Der Neurophysiologe und Nobelpreisträger Sir Charles Sherrington
(1857 – 1952) hob die Wichtigkeit des ganzheitlichen Prinzips
hervor, das der Alexander-Technik zugrunde liegt:
Herr Alexander hat dem Thema [von Wille und Reflextätigkeit]
dadurch einen Dienst erwiesen, dass er konsequent jede Handlung
als einen Vorgang betrachtet, der das ganze integrierte Individuum,
den ganzen geistig-körperlichen Mensch betrifft. Einen Schritt
zu machen, ist nicht nur Sache dieses oder jenes Körperteils
allein, sondern der gesamten neuromuskulären Aktivität
dieses Augenblicks – nicht zuletzt von Kopf und Hals.
Sir Charles Sherrington, The Endeavour of Jean Fernel
In seiner Nobelpreisrede (1974) würdigt der Verhaltensforscher
Nicolas Tinbergen die Arbeit Alexanders als „äußerst
ausgefeilte Form der Rehabilitation oder eher Neueinstellung der
gesamten muskulären Ausstattung und dadurch vieler anderer
Organe". Wie die Verhaltensforschung sei die Alexander-Technik
aus unvoreingenommener Beobachtung hervorgegangen:
Diese grundlegende wissenschaftliche Methode [das Schauen
und Sich-Wundern] wird immer noch zu oft geringgeschätzt von
denen, die sich von glänzenden Apparaten blenden lassen, von
prestigeträchtigen Untersuchungen und der Versuchung, nach
Medikamenten zu greifen.
Nicolas Tinbergen, Ethologie und Stresskrankheiten, 1974
Alexander-Technik heute
Für jeden, der sich mit der Alexander-Technik beschäftigt,
ist die Kennntnis ihrer Entstehung äußerst wertvoll.
In Alexanders Büchern finden wir den konzentrierten, authentischen
Ausdruck einer wissenschaftlich genauen und zugleich schöpferischen
Leistung, wie sie nur selten zu finden ist. Mit der Zeit haben sich
verschiedene Unterrichtsstile und Interpretationen der Alexander-Technik
entwickelt. In der Vielfalt dieser Ansätze drücken sich
sowohl die Veränderungen der Gesellschaft als auch die Persönlichkeiten
von Lehrern und Schülern aus.
Weltweit gibt es inzwischen zahlreiche Ausbildungsinstitute, die
zum Unterrichten der Alexander-Technik ausbilden. In der „Gesellschaft
der Lehrer und Lehrerinnen der Alexander-Technik" (G.L.A.T.
e.V.) sind die in Deutschland aktiven Lehrer und Lehrerinnen organisiert.
Sie sind meist in freier Praxis tätig, an verschiedenen Einrichtungen
der Erwachsenen- und Gesundheitsbildung oder an Theatern und Musikschulen.
Photograph of F. M. Alexander © 2005, The Society of
Teachers of the Alexander Technique, London.
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